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Aus Fest der Aphrodite
Nikosia (Lefkosía), 2002

Meine Nächte

 

Klar sind 
meine Nächte,
klar wie
die Wasser
fischreicher 
Meere,

und nie
kehre ich
mit leerem 
Netz
in den Hafen
des Tags.

 

Eos

 

Mit rosenfingriger
Hand
rührt sie 
morgendlich
an meine Schläfe
und küsst mir
Mund und Lieder
und führt mich
in den golden
grünen Raum
des neuen Tags.

Und auch 
wenn ich wollte,
vermöchte ich 
mich nicht
zu wehren,
so zärtlich
und so unerbittlich
ist ihre 
raubende Wahl.

 

 

Seeschwalben

Auch sie traten einst
aus unserer Bahn
und ließen sich
in ihre eigene Bewegung
und bildeten aus 
beschwingtestem Weiss
den heiteren Kreis ihres Tierseins,
und ihr Kreis wurde Tanz,
wurde Tanz aus Licht
und hielt sich kaum.

Sie aber wollten Hiersein
und sammelten sich
um ihr Schweres
und gaben es 
in ihren Stimmengrund,
dorthin, wo 
die Lust ihres Rufes
noch immer 
umschlägt in
heiseres Erwehren.

 

 

Einhorn

Dort, wo
manchmal
durch mein Herz
ein Stich von Schmerz geht,
setzte vor Zeiten
ein Einhorn
sein Huf
auf eine 
Unwegsamkeit
und trat dabei
so hart 
auf,
dass mir
davon
eine kleine
Wunde verblieb.

 

 

 

 

 

 

 

Dein Herz

 

Mit purpurtauben-
sanften Flügeln
schlägt dein Herz
gegen meine
Hand.

Ich küsse es
und lass fliegen
und hoffe,
dass es zu mir
wieder kommt.

 

 


Flug

Behutsam 
mein Ohr 
zwischen deine
Schulterflügel 
legend,

fliege ich 
still in
den Raum
deines 
Atems.

 

 

 

Knospen

 

Und mit einem Mal wurde
meine Brust mir eng,
und meine Himmel
zogen sich zusammen,
und meine Kräfte,
die noch eben
unbefangen hier
und dorthin trieben,
begannen sich um
mich zu schließen.

Und es kamen Stürme,
und es wurde kalt,
und in härtere Schalen
hüllte ich mich ein,
und ich wuchs im Dunkel,
und ich wußte nicht wozu,
spürte nur die Fröste,
fühlte mich im Schmerz
des Knospens und
ahnte nichts vom Blühen.

 

 

 

Vom Baum der Erkenntnis 

 

Reicher blüht,
weiss über 
weiss,
purpuren,
golden

der Apfelbaum
und wird mit 
jedem Jahr
süßere Früchte 
tragen,

den Eva mir
vor langer Zeit
mandel-
bitteren 
Samens

mit eigener Hand
in den jungen
Garten meiner
sprossenden Seele
gepflanzt hat.

 

 

 

Haus

 

Auf dem Grundton 
deiner Stimme 
steht, von
deinen Worten
errichtet,
das Haus, 
in dem ich
wohne.

Daherum wächst
der zaubrische Garten
unserer
Liebkosungen.

 

 

 

Mein Engel

 

In meinem Atem 
rauschen deine Flügel;
sie heben sich 
und senken sich
mit meiner Brust
und folgen
bebend mir
durch meine Tage
und tragen behutsam mich
durch meine Nacht
und werden einmal
über mir sich 
falten und für 
einen Flügelschlag
in Stille halten
und sich mir 
öffnen zu
einem leiseren Flug.

 

Moufflon Publications Limited

Aus Aphrodisia

Hockenheim, 1996

Edition L.

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